Freitag, 26. November 2021

Regenrückhaltebecken

Das Gewässer neben dem Dornhaldenfriedhof (neuerdings heißt es Waldsee) wird vom Friedhofsamt gerne als Regenrückhaltebecken bezeichnet. Tatsächlich ist der Teich seit 1982 als Biotop und seit 2003 als Naturdenkmal geschützt.

Wie wurde der Teich zum Regenrückhaltebecken?

Schild am Teich aus den 1980er Jahre
Dahinter steckt eine kuriose Geschichte. Entstanden ist das "Wasserloch", wie es anfangs hieß, bei der Umwandlung des Schießplatzes in einen Friedhof eher unabsichtlich. Details sind dazu nicht bekannt. Über die damaligen umfangreichen Abtrage- und Aufschüttungsmaßnahmen gibt es keine Unterlagen im Stadtarchiv und auch das Planungsamt (Auskunft vom 06.06.2018) besitzt nichts. 

In den 1970er Jahren lag das Wasserloch unbeachtet auf dem Friedhofsgelände, auch nach Eröffnung des ersten Teils des Friedhofs 1974. Die Wasserprobleme wurden bei den nun laufenden Beerdigungen nun aber unübersehbar. Ein Friedhofsgärtner berichtet aus dem Anfang der 1980er Jahre.

Bei der Beerdigung wurde Wasser aus dem Grab gepumpt, bis der Pfarrer in Sicht kam. Zudem hatte man Tannenzweige ins Grad gelegt, damit es beim Aufsetzen des Sargs nicht platscht. 

Aus der Friedhofsinspektion hörte man Ähnliches. Bei der Planung der zweiten Hälfte des Friedhofs, die erst 1987 eröffnet wurde, versuchte man die Wassermengen unter Kontrolle zu bringen. Man dachte, dass das "Wasserloch" schuld an dem hohen Grundwasserspiegel auf dem Friedhof war. Also sollt es entwässert und in ein Regenrückhaltebecken umgewandelt werden. Es sollte also normalerweise leer sein, so dass es bei starkem Regen viel Wasser aufnehmen kann.

Inzwischen hatten sich in dem "Wasserloch" aber seltene Frösche, Molche, Kröten, Libellen und Gelbrandkäfer angesiedelt. Am Ufer wuchsen Teichbinsen, Rohkolben und der kriechende Ehrenpreis. Es war ein schützenswertes Biotop entstanden. 

Umsiedelung und Kompromiss

So sah das Schild aus, als es gefunden wurde.
Das Friedhofsamts schlug nun einfach vor, das Biotop umzusiedeln. Dazu wurde auf dem Friedhof ein Biotop angelegt, das auch noch existiert. Es steht allerdings nicht auf der Naturdenkmalliste. 

Der Kampf zwischen der Naturschutzabteilung und dem Friedhofsamt wurde mit einem ausgesprochen kurioser Kompromiss beendet: 

Der Teich wurde zum "Regenrückhaltebecken" erklärt, das aber gleichzeitig Teich sein sollte. Also ein niemals leeres Regenrückhaltebecken.

Außerdem wurde der Teich aus dem Friedhof ausgegliedert, das Friedhofsamt wollte für dieses Biotop nicht verantwortlich sein. Damals waren Friedhofs- und Gartenbauamt noch getrennt.

Das Ergebnis kann man auf dem obigen Schild nachlesen. Das Schild wurde vermutlich Ende der 1980er Jahre aufgestellt. Wie lange es dort stand, ist nicht bekannt. Richtig eingestaubt und verdreckt hat es im Dachboden der Schießschiebenwerkstatt des Garnisonsschützenhauses überlebt.

Quellen:

Stuttgarter Zeitung, 12.06.1982







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