Auf dem Schießplatz in Leipzig-Bienitz befand sich ein Kantinengebäude mit Anbau das dem auf der Dornhalde sehr ähnlich ist. Darauf hat mich Frau Müller vom Liegenschaftsamt der Stadt Stuttgart hingewiesen.
In Bienitz: Kantine mit Anbau, gebaut 1891Dienstag, 1. Februar 2022
Schießplatz Leipzig
Donnerstag, 20. Januar 2022
Die unausrottbare 1858
Der Schießplatz auf der Dornhalde wurde im Herbst 1869 gebaut. Noch immer geistert das falsche Baujahr 1858 durch das Netz und durch Bücher.
Bogen: Stuttgart für Fortgeschrittene. Meßkirch 2020, S. 204 |
Wo kommt das Gründungsjahr 1858 eigentlich her?
Wikipedia ist unschuldig
FN 11 [...] "Die Angabe, dass der Schießplatz seit 1858 besteht (#Buck 2005), trifft daher nicht zu." [Ein Lob an die Versionsgeschichte!]
Buck und Schukraft
Leibrock hat als Quelle für das falsche Jahr 1858 "Dieter Buck; Harald Schukraft: Stuttgarter Grenz-Wanderungen. Stadtgeschichtliche Entdeckungstouren. 2. Auflage. Tübingen 2005, Seite 58" angegeben.
Woher Harald Schukraft seine falsche Information hatte,
ließ sich leider nicht ermitteln. Vielleicht vom Denkmalamt?
Landesdenkmalamt 1986
Frau Steudle vom "Landesamt für Denkmalpflege im RP Stuttgart" hat mir am 24. Juni 2021 mitgeteilt, dass "in amtsinternen Unterlagen" zur Denkmalbegründung 1986 angegeben wird,
"dass die militärische Nutzung des Areals um 1858 beginnt und 1869 die Schießbahnen angelegt wurden."
Herr Dr. Kirch ebenfalls "Landesamt für Denkmalpflege" ergänzte am 11. Januar 2022, dass damals "in der Literatur zuweilen das Jahr 1858 diskutiert" wurde. Leider kenne ich diese Quellen nicht.------
(1) Für einen Stuttgart-Führer sind diese Details nicht wichtig. Hier natürlich schon. Zunächst waren es nur fünf Bahnen. Erst 1879 neun mit Bahnen von 400 bis 600 m. Ewald Huth wurde nicht öffentlich vor dem NS-Regime gewarnt, er wurde denunziert.
Montag, 10. Januar 2022
Denunzianten von Ewald Huth
Ewald Huth. Foto: Familie Huth |
Samstag, 27. November 2021
Verschwindendes Naturdenkmal
Der Waldsee. Ein Naturdenkmal auf dem Weg zum Rückhaltebecken
Der Waldsee beim Dornhaldenfriedhof ist dabei auszutrocknen.
Die Fotos unten zeigen: Auch ein Wolkenbruch wie am 29. Juni 2021 hebt den Wasserspiegel nur für kurze Zeit.
Das ist bekannt. Weniger bekannt ist, was da eigentlich austrocknet:
Hier verschwindet ein Naturdenkmal. Der Teich steht in der Liste der Naturdenkmale. Schutzzwecke: Ökologisch, Biozönose, Pflanzenbiotop, Tierbiotop. Er ist damit ein kleines Naturschutzgebiet.
1. Juli 2021 17. Juli 2021 |
Freitag, 26. November 2021
Regenrückhaltebecken
Das Gewässer neben dem Dornhaldenfriedhof (neuerdings heißt es Waldsee) wird vom Friedhofsamt gerne als Regenrückhaltebecken bezeichnet. Tatsächlich ist der Teich seit 1982 als Biotop und seit 2003 als Naturdenkmal geschützt.
Wie wurde der Teich zum Regenrückhaltebecken?
Schild am Teich aus den 1980er Jahre |
In den 1970er Jahren lag das Wasserloch unbeachtet auf dem Friedhofsgelände, auch nach Eröffnung des ersten Teils des Friedhofs 1974. Die Wasserprobleme wurden bei den nun laufenden Beerdigungen nun aber unübersehbar. Ein Friedhofsgärtner berichtet aus dem Anfang der 1980er Jahre.
Bei der Beerdigung wurde Wasser aus dem Grab gepumpt, bis der Pfarrer in Sicht kam. Zudem hatte man Tannenzweige ins Grad gelegt, damit es beim Aufsetzen des Sargs nicht platscht.
Samstag, 6. November 2021
Ewald Huth
Besuch einer Enkeltochter von Ewald Huth in Stuttgart
Ewald Huth wurde nach Denunziationen wegen Wehrkraftzersetzung zum
Tode verurteilt und am 1.11.1944 auf dem Maschinengewehrstand des Schießplatzes
auf der Dornhalde erschossen.
Am 28.10.2021 hat jemand aus der Familie Huth
die Stelle auf dem heutigen Dornhaldenfriedhof besucht, an der Ewald Huth damals
erschossen wurde.
Ewald Huths Enkeltochter Ulrike Kroneisen aus Villingen ist dazu nach Stuttgart gekommen. Die Fotos zeigen den Bereich auf dem Dornhaldenfriedhof, wo bis etwa 1971 der Maschinengewehrschießstand war. Seine genaue Lage, kann man den alten Schießplatzplänen entnehmen. Heute sind keine Spuren mehr davon erkennbar. Auf einem Teil wurde sogar die Lagerfläche des Friedhofs angelegt. Der Stein im Bild hat mit der Schießplatz-Geschichte nichts zu tun. Er liegt dort aus landschaftsplanerischen Gründen, vielleicht auch um Abkürzungen über die Wiese bei der Einfahrt auf die Lagerfläche zu verhindern.
Montag, 1. November 2021
Ewald Huth
Ewald Huth |
Ewald Huth wurde am 11. Januar 1890 in Hersfeld geboren. Im
Ersten Weltkrieg war Ewald Huth wegen eines Sehfehlers untauglich, er meldete
sich aber freiwillig für den Sanitätsdienst beim DRK. 1921 wurde er als
Chordirektor und Organist am Villinger Münster angestellt. Aus seiner Ablehnung
des NS-Regimes machte er bereits 1933 kein Hehl, 1944 wurde er schließlich von
Nachbarn denunziert. Die Anklage auf Wehrkraftzersetzung hätte ihm vor einem
bürgerlichen Gericht eine Gefängnisstrafe eingetragen. Allerdings war er 1943
im Alter von 53 Jahren zur Polizei eingezogen worden und unterstand damit dem
SS- und Polizeigericht in Stuttgart. Das Urteil selbst ist nicht erhalten, auch
nicht im Militärarchiv Freiburg. Wir haben aber die Passagen aus dem Urteil, die
Kroneisen in seinem Artikel zitiert: Ewald Huth habe „über Jahre hinweg in der
Öffentlichkeit den Willen des deutschen Volkes zur wehrhaften Selbstbehauptung
gelähmt und zersetzt und weiter: Der Angeklagte ist in geradezu
verbrecherischer Weise kirchenhörig, kurz eine schwarze Wühlmaus“. (4)
Bei seinen Mitgefangenen stand „Papa Huth“, wie er genannt wurde, in hohen Ansehen, wie ein Brief an Maria Huth zeigt:
„Papa Huth wird mir und allen, die jene
schreckliche Zeit überlebt haben, unvergesslich sein. Wir hatten alle wirklich
etwas auf dem Kerbholz, so dass man jedem von uns sagen musste, irgendwie hast
du das verdient. Papa Huth hatte jedoch nichts angestellt, nur seine Meinung
gesagt. Als wir ihn beten sahen, da haben wir zuerst spöttisch gelächelt. Mehr
und mehr ging uns jedoch auf, dass für ihn Gott wie eine Wirklichkeit war. Uns
hat er dabei nie übersehen, hat uns stets Mut gemacht und zugeredet … Das
letzte Stück Brot hat er weggegeben, wenn einer von uns jüngeren Hunger hatte.
Er war uns wie eine Sonne in jenen dunklen Tagen. Nie habe ich einen solch
überzeugten Christen kennengelernt wie ihn.“(5)
In einem Abschiedsbrief an die Familie vor der Hinrichtung bestätigt er dieses Urteil.
„L[eonberg], 31. X. 1944 Meine Teuren! Und noch eine Bitte: Betet für unsere Feinde und tragt nicht Groll im Herzen. Der liebe Gott mag ihnen allen gnädig sein, so wie er mir selbst gnädig sein mag, das ist mein Wunsch und Gebet für sie schon immer gewesen und auch heute im Angesicht des Todes, den sie mir geben. Gott befohlen Euer treuer Vater“ (6)
Am 26. Mai 1944 war Ewald Huth vom SS- und Polizeigericht XI
in Stuttgart zum Tod verurteilt worden, das Urteil wurde in der Wannenstraße 16 gesprochen. Am 1. November 1944 um 7.10 Uhr wurde
er im Maschinengewehrstand auf der Dornhalde hingerichtet.(7) Beigesetzt wurde er auf dem Steinhalden-Friedhof in Stuttgart. Die Familie
beantragte sofort nach Kriegsende die Umbettung nach Villingen. Über den
abenteuerlichen Ablauf der Überführung des Leichnams nach Villingen haben wir
nur den Bericht von August Kroneisen (8) als Quelle. Im Friedhofsamt Stuttgart gibt es zwar eine Mappe zu Ewald Huth,
allerdings ohne Inhalt. Als endlich die Genehmigung zur Überführung nach
Villingen vorlag, reiste Kroneisen am 17. Juli 1946 mit einem Villingen
Bestatter nach Stuttgart. Dort stellte sich heraus, dass die Leiche von Ewald
Huth mit der eines belgischen Barons Jacques Donny verwechselt worden war. So
war Huths Leichnam 1945 nach Brüssel überführt und dort in einem Mausoleum
beigesetzt worden. Die Rückführung war kompliziert, wie Kroneisen berichtet:
In seinem Grab ist seit 1986 auch seine Frau Maria
beigesetzt. Die Stadt Villingen bewahrt Ewald Huth ein ehrendes Gedenken. 1972
wurde eine Straße nach ihm benannt, die Münsterpfarrei nannte einen Saal im
Gemeindezentrum in „Ewald Huth-Saal“ um. (10)
Am Kaplaneihaus der Münsterpfarrei wurde 2001 eine
Gedenktafel angebracht. Sein Grab wird von der Gemeinde als Ehrengrab gepflegt.(11)
Grab Ewald Huth |
Colli. Kroneisen [2003] August Kroneisen, Hermann Colli: Ewald Huth: Mutiger Mann und aufrechter Christ. Villinger Widerstandskämpfer. Von den Nazis hingerichtet. In: Geschichts- und Heimatverein Villingen e.V. 26 (2003), S. 65-71. www.ghv-archiv.de
(1) Colli. Kroneisen [2003], S. 70
(2) A. a. O., S. 70
(3) Colli. Kroneisen [2003]
(4) Colli. Kroneisen [2003], S. 68
(5) Brief eines Zellengenossen von Ewald Huth, zitiert nach Colli. Kroneisen
[2003], S. 68
(6) Zitiert nach Colli. Kroneisen [2003], S. 69
(7) Colli. Kroneisen [2003], S. 69 und Sterbeurkunde im StAS
(8) Colli. Kroneisen [2003], S. 69
(9) A. a. O., S. 69
(10) A. a. O., S. 70
(11) Auskunft Friedhofsamt Villingen-Schwenningen