|
Ewald Huth |
Über Ewald Huth gibt
es viele biographische Informationen. Das verdanken wir vor allem seiner
Ehefrau, Maria Huth, und seinem Schwiegersohn August Kroneisen. Maria Huth
hatte ein mehr als 12 DIN A-Seiten umfassendes Gedächtnisprotokoll erstellt.
Hier teilte Sie den Angehörigen mit, „was sich in der Zeit zwischen Verhaftung,
Hinrichtung und Beisetzung ereignet hat“(1).
Allerdings ist nicht bekannt, wann sie das Protokoll erstellt hat. Außerdem hat
sie die Briefe ihres Manns aus dem Gefängnis, Briefen von Mitgefangen und
Berichte von Zeugen aufbewahrt. Die Familie sorgte für die juristische
Rehabilitierung von Ewald Huth. 1947 hob
das Landgericht Konstanz das Urteil gegen Huth auf. (2) Die Familie organisierte auch die Umbettung des Leichnams von Stuttgart
nach Villingen. August Kroneisen hat aus den zahlreichen Unterlagen, darunter
auch einer Kopie des Todesurteils, zusammen mit dem Historiker Hermann Colli
einen umfangreichen Artikel (3) über Ewald Huth verfasst. Dort wird aus dem Gedächtnisprotokoll, dem Urteil und
anderen Unterlagen zitiert, die uns dadurch heute in Ausschnitten zugänglich
sind. Ewald Huth wurde am 11. Januar 1890 in Hersfeld geboren. Im
Ersten Weltkrieg war Ewald Huth wegen eines Sehfehlers untauglich, er meldete
sich aber freiwillig für den Sanitätsdienst beim DRK. 1921 wurde er als
Chordirektor und Organist am Villinger Münster angestellt. Aus seiner Ablehnung
des NS-Regimes machte er bereits 1933 kein Hehl, 1944 wurde er schließlich von
Nachbarn denunziert. Die Anklage auf Wehrkraftzersetzung hätte ihm vor einem
bürgerlichen Gericht eine Gefängnisstrafe eingetragen. Allerdings war er 1943
im Alter von 53 Jahren zur Polizei eingezogen worden und unterstand damit dem
SS- und Polizeigericht in Stuttgart. Das Urteil selbst ist nicht erhalten, auch
nicht im Militärarchiv Freiburg. Wir haben aber die Passagen aus dem Urteil, die
Kroneisen in seinem Artikel zitiert: Ewald Huth habe „über Jahre hinweg in der
Öffentlichkeit den Willen des deutschen Volkes zur wehrhaften Selbstbehauptung
gelähmt und zersetzt und weiter: Der Angeklagte ist in geradezu
verbrecherischer Weise kirchenhörig, kurz eine schwarze Wühlmaus“. (4)
Bei seinen Mitgefangenen stand „Papa Huth“, wie er genannt
wurde, in hohen Ansehen, wie ein Brief an Maria Huth zeigt:
„Papa Huth wird mir und allen, die jene
schreckliche Zeit überlebt haben, unvergesslich sein. Wir hatten alle wirklich
etwas auf dem Kerbholz, so dass man jedem von uns sagen musste, irgendwie hast
du das verdient. Papa Huth hatte jedoch nichts angestellt, nur seine Meinung
gesagt. Als wir ihn beten sahen, da haben wir zuerst spöttisch gelächelt. Mehr
und mehr ging uns jedoch auf, dass für ihn Gott wie eine Wirklichkeit war. Uns
hat er dabei nie übersehen, hat uns stets Mut gemacht und zugeredet … Das
letzte Stück Brot hat er weggegeben, wenn einer von uns jüngeren Hunger hatte.
Er war uns wie eine Sonne in jenen dunklen Tagen. Nie habe ich einen solch
überzeugten Christen kennengelernt wie ihn.“(5)
In einem Abschiedsbrief an die Familie vor der Hinrichtung
bestätigt er dieses Urteil.
„L[eonberg], 31. X. 1944 Meine Teuren! Und noch eine Bitte:
Betet für unsere Feinde und tragt nicht Groll im Herzen. Der liebe Gott mag
ihnen allen gnädig sein, so wie er mir selbst gnädig sein mag, das ist mein
Wunsch und Gebet für sie schon immer gewesen und auch heute im Angesicht des
Todes, den sie mir geben. Gott befohlen Euer treuer Vater“ (6)
Am 26. Mai 1944 war Ewald Huth vom SS- und Polizeigericht XI
in Stuttgart zum Tod verurteilt worden, das Urteil wurde in der Wannenstraße 16 gesprochen. Am 1. November 1944 um 7.10 Uhr wurde
er im Maschinengewehrstand auf der Dornhalde hingerichtet.(7) Beigesetzt wurde er auf dem Steinhalden-Friedhof in Stuttgart. Die Familie
beantragte sofort nach Kriegsende die Umbettung nach Villingen. Über den
abenteuerlichen Ablauf der Überführung des Leichnams nach Villingen haben wir
nur den Bericht von August Kroneisen (8) als Quelle. Im Friedhofsamt Stuttgart gibt es zwar eine Mappe zu Ewald Huth,
allerdings ohne Inhalt. Als endlich die Genehmigung zur Überführung nach
Villingen vorlag, reiste Kroneisen am 17. Juli 1946 mit einem Villingen
Bestatter nach Stuttgart. Dort stellte sich heraus, dass die Leiche von Ewald
Huth mit der eines belgischen Barons Jacques Donny verwechselt worden war. So
war Huths Leichnam 1945 nach Brüssel überführt und dort in einem Mausoleum
beigesetzt worden. Die Rückführung war kompliziert, wie Kroneisen berichtet:
„Bis zur Auswechslung
der beiden Leichen – die Witwe des Barons durfte von dem Irrtum nichts erfahren
– wurden 64 Schriftstücke mit den verschiedensten Stellen in Deutschland und
Belgien hin und her gewechselt. Erst am 6. August 1949 wurde durch einen
belgischen Militärkonvoi die Leiche Ewald Huths kostenlos nach Villingen
überführt und vom Verfasser nach Öffnung des Sarges anhand der Beigaben
identifiziert.“(9)
In seinem Grab ist seit 1986 auch seine Frau Maria
beigesetzt. Die Stadt Villingen bewahrt Ewald Huth ein ehrendes Gedenken. 1972
wurde eine Straße nach ihm benannt, die Münsterpfarrei nannte einen Saal im
Gemeindezentrum in „Ewald Huth-Saal“ um. (10)
Am Kaplaneihaus der Münsterpfarrei wurde 2001 eine
Gedenktafel angebracht. Sein Grab wird von der Gemeinde als Ehrengrab gepflegt.(11)
|
Grab Ewald Huth |
Außerdem wurde er 2005 in die Neue Folge der Badischen
Biographien aufgenommen.
Quellen:
Colli. Kroneisen [2003] August Kroneisen, Hermann
Colli: Ewald Huth: Mutiger Mann und aufrechter Christ. Villinger
Widerstandskämpfer. Von den Nazis hingerichtet. In: Geschichts- und
Heimatverein Villingen e.V. 26 (2003), S. 65-71. www.ghv-archiv.de
Uwe Schellinger: Huth, Ewald (1890-1944), in: Badische
Biographien NF Band 5. Stuttgart 2005, S. 129–131
(1) Colli. Kroneisen [2003], S. 70
(3) Colli. Kroneisen [2003]
(5) Brief eines Zellengenossen von Ewald Huth, zitiert nach Colli. Kroneisen
[2003], S. 68
(6) Zitiert nach Colli. Kroneisen [2003], S. 69
(7) Colli. Kroneisen [2003], S. 69 und Sterbeurkunde im StAS
(8) Colli. Kroneisen [2003], S. 69
(11) Auskunft Friedhofsamt Villingen-Schwenningen