Freitag, 28. Oktober 2022

Tod auf der Dornhalde

Hinrichtungen auf der Dornhalde - Führung mit Dr. Bertram Maurer

am 1. und am 20. November 2022

11:00 bis 12:30 Uhr Start am Garnisonsschützenhaus. 


Auf dem Maschinengewehrstand des ehemaligen Schießplatzes auf der Dornhalde wurden zwischen 1941 und 1944 etwa 30 Soldaten  erschossen. Verurteilt wurden sie z. T. in Stuttgarter Villen, die früher jüdische Besitzer hatten. Beerdigt wurden die meisten auf dem Steinhaldenfriedhof in Cannstatt in der Grababteilung X.

Am 1. November 1944, also vor 78 Jahren wurde Ewald Huth hingerichtet.


Fünfzehn der Hingerichteten wurden später in den Ehrenhain auf dem Waldfriedhof umgebettet, mitten unter die Gefallenen des 1. WK und der Kolonialkriege.






Vom Garnisonsschützenhaus (eigentlich Schießplatz-Kantine) gehen wir zur Stelle auf dem Dornhaldenfriedhof, an der der MG-Schießstand war. Danach zum Ehrenhain auf dem Waldfriedhof. Unterwegs wird man einiges über den ehemaligen Schießplatz, den Dornhaldenfriedhof und den Waldfriedhof erfahren. 

Gesamtstrecke etwa 2 km.


Samstag, 22. Oktober 2022

Waldsee auf dem Weg der Rettung

So wenig Wasser, wie in diesem Sommer und Herbst hatte das Biotop Waldsee auf der Dornhalde noch nie. Hier ein Foto von Mitte September.


Die Rettung ist aber auch in Gang. Das Garten-, Friedhofs- und Forstamt (GFF) hat zunächst dafür gesorgt, dass See ausgebaggert wird. Es kann also keine Rede davon sein, den See verlanden zu lassen, wie zuweilen kolportiert wurde.  


Jetzt hat er noch weniger Wasser. Aber Abhilfe ist in Sicht. Die Idee, eine Leitung von der Regenabflussleitung im Dornhalden-Friedhof einen Abzweig zum See zu legen ist nicht neu, sondern wurde Mitte der 1980er Jahre schon realisiert.
Der Abzweig ist aber verschlammt und vielleicht auch durch Wurzeln zugewachsen. Er wird in näherer Zukunft frei gemacht, dann hat der See wieder einen Zulauf
Auskunft des GFF vom 21.10.2022


Montag, 7. März 2022

Stolperstein für Ewald Huth

Am 6. März 2022 wurde in Villingen vor dem Münsterplatz 8 ein Stolperstein für Ewald Huth verlegt. Er war von 1921 bis 1944 Chordirektor in Villingen und wohnte mit seiner Familie im Kaplaneihaus.

1943 wurde er von zwei Denunzianten, dem Fahnenjunker-Feldwebel Helmut Kö und der Nachbarin Pauline F. als NS-Gegner denunziert. In beiden Fällen hatte Ewald Huth in privaten Gesprächen seine Meinung über das NS-System nicht zurückhalten können.

Vor der Anklage wurde er als Gendarm eingezogen und unterstand damit dem SS- und Militärgericht XI in Stuttgart. Dort wurde er wegen Wehrkraftzersetzung zum Tode verurteilt und am 1. November 1944 auf dem Maschinengewehrstand auf dem Schießplatz Dornhalde erschossen.


Das Wetter kam der Veranstaltung entgegen, kalt aber sonnig und auf dem großen Münsterplatz konnten sich die etwa 70 Besucher auch mit Corona-üblichen Abstand verteilen. Der Münsterchor begleitete unter der Leitung des Münsterkantor Roman Laub, einem Amtsnachfolger von Ewald Huth, die Verlegung. 



Die Familie

Über keines der Hinrichtungsopfer auf der Dornhalde ist so viel bekannt wie über Ewald Huth. Dafür ist in erster Linie die Familie Huth verantwortlich. Sie setzen sich schon ab 1946 um die Aufhebung des Urteils ein und sorgten später für die Umbettung vom Friedhof Steinhalden in Stuttgart nach Villingen. Das Engagement geht bis heute weiter. Leider konnte wegen Corona-Infektionen ein Teil der Familie an der Verlegung nicht teilnehmen.  

Tobias Dahmen, Bertram Maurer,
Enkelin von Ewald Huth mit Tochter und Lebensgefährtin

Tobias Dahmen ist ein bekannter Autor von Graphic Novels, z. B. Fahrradmod. Er arbeitet zur Zeit an einem Projekt, bei dem auch Ewald Huth eine Rolle spielt. Er war zur Verlegung extra aus Utrecht angereist.

Die Verlegung

Gunter Demnig verlegte an diesem Sonntag insgesamt 22 Stolpersteine in Villingen und Schwenningen. 

Ein seltener Anblick ergab sich auf dem Münsterplatz. Normalerweise wird das Loch im Pflaster für den Stein vorbereitet. Für den Stein für Ewald Huth musste Gunter Demnig das Loch selbst graben. Der Bautrupp der Stadt Villingen kam erst nach der Verlegung und stellte ein Schild auf.





Zweimalige Ablehnung durch den VS-Gemeinderat

Die Stadt Villingen-Schwenningen hat viele Jahre lang Stolpersteine als Form der Erinnerung an Nazi-Opfer grundsätzlich abgelehnt. Der Gemeinderat der Stadt hat jeweils 2004 und 2013 mit seiner Verweigerung überregionale Aufmerksamkeit erregt. [1] 

Erst im Januar 2020 hat der Gemeinderat Villingen-Schwenningen seine grundsätzliche Ablehnung von Stolpersteinen überwunden. Vor der Abstimmung hatte der Verein Pro Stolpersteine nochmals eine Mahnwache organisiert. [2] 

Am 20. Oktober 2021 wurden endlich die ersten 18 Stolpersteine verlegt. [3]

Der Stolperstein für Ewald Huth kommt zwar auch spät, aber nach ihm wurde bereits 1972 eine Straße nach ihm benannt und 2001 an seiner ehemaligen Wohnung eine Gedenktafel angebracht.


Quellen:

[1] kontext:wochenzeitung vom 04.02.2015

[2] Schwarzwälder Bote vom 27.01.2020

[3] Südkurier vom 20.10.2020

https://pro-stolpersteine-vs.de

https://pro-stolpersteine-vs.de/presse/ Eine umfangreiche Liste von Links auf Presseartikel, allerdings sind viele hinter einer pay-wall.

Colli. Kroneisen [2003] August Kroneisen, Hermann Colli: Ewald Huth: Mutiger Mann und aufrechter Christ. Villinger Widerstandskämpfer. Von den Nazis hingerichtet. In: Geschichts- und Heimatverein Villingen e.V. 26 (2003), S. 65-71

Urteil des SS- und Polizeigerichts XI im Besitz der Familie Huth

Fotos Christine Lehmann und Bertram Maurer




Sonntag, 20. Februar 2022

Otto Hofmann

Foto: wikipedia

Otto Hofmann war der Gerichtsherr des Gerichts, das Ewald Huth zum Tode verurteilt hat.

Hofmann war von 1940 bis 1943 Chef des Rasse- und Siedlungshauptamts und in dieser Funktion auch Teilnehmer der Wannsee-Konferenz am 20. Januar 1942, bei der die industrielle Ermordung der jüdischen Bevölkerung im NS-Herrschaftsbereich organisiert wurde. 

Die Stuttgarter Zeitung berichtete auch über ihn am 16. Februar 2022 in einem Artikel über "Bürgerliche Schreibtischtäter" bei der Wannsee-Konferenz. Hinter Pay-Wall.

Im April 1943 wurde Hofmann Führer des SS-Oberabschnitts Südwest. Damit unterstand ihm das SS- und Polizei-Gericht XI in Stuttgart, Sitz Etzelstraße 7, Verhandlungsort Wannenstraße 16. 

1944 wurde er General der Polizei.

Nach dem Krieg wurde eine längere Internierung wurde er als einer der Hauptangeklagten im Prozess gegen das Rasse- und Siedlungshauptamt angeklagt und im März 1948 wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen zu 25 Jahren Haft verurteilt. 1954 wurde er dank einer Amnestie des US-Hochkommissars  begnadigt.

Sammlung Familie Huth


Der Haftbefehl für Ewald Huth vom 18. März 1944 wurde von Otto Hofmann unterzeichnet.

Bei Verfahren selbst trat ein weiterer Hoffmann auf (der mit 2f).

Obersturmbannführer und SS-Richter Hoffmann leitet das Verfahren. 

Näheres ist über ihn nicht bekannt, aber man kann davon ausgehen, dass er Volljurist war und nach dem Krieg als hochangesehener Richter an einem deutschen Gericht wirkte. 


Der Vertreter der Anklage Schön war SS-Richter der Reserve, auch er wohl Volljurist.

Mittwoch, 16. Februar 2022

"Garnisonsschützenhaus" ein Fake


"Garnisonsschützenhaus
" ist keine historische Bezeichnung. In allen  Archiv-Akten und Plänen von 1893 bis 1934 heißt es immer "Kantine" oder "Kantine der Schießplatzverwaltung". Siehe Abbildungen unten. 

Aber natürlich sind wir alle glücklich über diesen klangvollen Namen, der längst zur Marke geworden ist. Kantine klingt dagegen doch ziemlich fad.

Seit die Initiative um Christian Dosch und in Nachfolge der Vereins "Garnisonsschützenhaus - Raum für Stille e. V." sich um das Haus bemühen, ist das Garnisonsschützenhaus in Stuttgart für viele ein Begriff.




Wer hat den Namen erfunden. 

Buck, Schukraft: Stuttgarter
Grenz-Wanderungen. Stuttgart 2003, S. 58


Auch wenn niemand den Namen
"Garnisonsschützenhausmissen will, möchte man doch gerne wissen, wer ihn erfunden hat. Die älteste bislang bekannte öffentliche Quelle, ist ein Stadtführer von Dieter Buck und Harald Schukraft aus dem Jahr 2003. Zugleich die älteste öffentliche Quelle für das falsch Gründungsjahr des Schießplatzes, 1858 statt 1869.

Leider ist es bisher nicht gelungen, herauszufinden, woher die Autoren ihre Informationen hatten.




Sonntag, 6. Februar 2022

Todesurteil(e) in der Wannenstraße 16

Wannenstraße 16

Vor der Villa in der Wannenstraße 16 in Stuttgart-Süd befinden sich zwei Stolpersteine für die ehemaligen Besitzer Helene und Dr. Robert Mainzer. Robert Mainzer war Rechtsanwalt und Notar.

Die Familie Mainzer wurde am 22. August 1942 von Stuttgart aus ins KZ Theresienstadt deportiert und dort ermordet. 

Im Adressbuch der Stadt Stuttgart ist noch 1943 R. Mainzer als Besitzer angegeben mit der Adresse des "Judenhauses" in der Eberhardstraße 1.

Tatsächlich hatte die Gestapo das Gebäude am 21. August 1942 konfisziert. Eigentümer war bis zum Kriegsende das Deutsche Reich "vertreten durch Reichsführer SS und Chef der deutschen Polizei Heinrich Himmler."



Todesurteile

Aus verschiedenen Militärgerichtsakten aus der NS-Zeit geht hervor, dass in diesem Gebäude das SS- und Polizei-Gericht XI tagte. In mindestens zwei Fällen wurde in der Wannenstraße 16 ein Todesurteil gesprochen. Ewald Huth wurde dort am 26. Mai 1944 zum Tode verurteilt und am 1. November 1944 auf der Dornhalde erschossen.

Eigentlich hatte das SS- und Polizei-Gericht XI als Sitz die Etzelstraße 7, so steht es auch im Adressbuch ab 1941. Im Übrigen war die Etzelstraße 7 Sitz verschiedener SS-Organisationen.

Über die sonstige Nutzung des Gebäudes kenne ich bisher nur Gerüchte. Für weitere Informationen wäre ich dankbar. 

Nachtrag vom 08.02.2022

Nach dem Krieg ging das Gebäude aus dem Besitz des Deutschen Reichs in den Besitz der Bundesrepublik über. In den Wiedergutmachungsverfahren Ende der 1950er Jahre verlangten die Erben von Robert Mainzer das Gebäude nicht zurück. Ihre Ansprüche, auch die der Nutzung zwischen 1942 und 1957 wurden in einer ganzen Reihe von Wiedergutmachungsverfahren geklärt. Im Landesarchiv Ludwigsburg können die Verfahrensakten eingesehen werden. Nach den Verfahren war die Bundesrepublik rechtlich einwandfrei im Besitz des Gebäudes und hat es an Privat verkauft. An der Rechtmäßigkeit des Besitzes der aktuellen Eigentümer, die ich nicht kenne, besteht nicht die Spur eines Zweifels.

Obwohl es in den Verfahren auch um die Nutzung zwischen 1942 und 1945 ging, gibt es in den Hunderten von Seiten, die ich durchgesehen habe, keinen Hinweis darauf, wie Himmler das Gebäude genutzt hat. 

Quelle:
[1] Die Wiedergutmachungsakten der Mainzer-Erben im Staatsarchiv Ludwigsburg umfassen zahlreiche Aktenbüschel. Nur in einem der Büschel, EL 402/25 Bü 587, befinden sich Hinweise auf die Nutzung der Gebäude zwischen 1942 und 1945 und die sind nicht sehr inhaltsreich.
Dort findet man: „The Gestapo confiscated this property on 21-Aug-1942“.
Im Grundstückblatt des Finanzministerium vom 4. Juni 1946 ist angegeben, dass „Eigentümer Deutsches Reich vertreten durch Reichsführer SS und Chef der deutschen Polizei Heinrich Himmler“.
[2] Militärgerichtsurteil Ewald Huth. Im Besitz der Familie Huth


Dienstag, 1. Februar 2022

Schießplatz Leipzig

Auf dem Schießplatz in Leipzig-Bienitz befand sich ein Kantinengebäude mit Anbau das dem auf der Dornhalde sehr ähnlich ist. Darauf hat mich Frau Müller vom Liegenschaftsamt der Stadt Stuttgart hingewiesen.

In Bienitz: Kantine mit Anbau, gebaut 1891
Der Schießplatz wurde bis 1989 genutzt, nach dem 2. WK von der Nationalen Volksarmee der DDR. [1] [2]
Der Kantinenpächter war ein Zivilist, der vom Gemeinderat bestellt wurde. [2]
Die Gebäude waren sehr schlicht, rein funktionell gestaltet. Sie wurden 1998 bis 2001 abgerissen.



Auf der Dornhalde: Kantine mit Scheibenwerkstatt. Gebaut 1893 und 1894.
Bis 1918 wurde der Kantinenpächter von der Schießplatzverwaltung bestellt.
Die Kantine ausgesprochen war protzig im Schweitzer Stil, damals beliebt beim reichen Bürgertum
Der Schießplatz wurde bis 1968 von der Bundeswehr genutzt. Die beiden Gebäude  werden zur Zeit denkmalgerecht wiederhergestellt.